Galilei und Marius


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... verdeutlicht.[1] 1623 konnte Galilei diese Passage bei Porta nicht nur kennen, er musste sie kennen. Denn Kepler wandte sich in seiner Dissertatio cum Nuncio Sidereo von 1610 an Galilei, wobei er diese Stelle bei Porta zitierte,[2] und ihn als ersten Erfinder des Fernrohrs bezeichnete. Kepler, der zweifellos über die bescheidenen Auslassungen Galileis zur Dioptrik verwundert war, griff auf das Kapitel V seiner Astronomiae pars optica zurück, die sechs Jahre früher erschienen war. Darin hatte er dargelegt, dass konkave Linsen für kurzsichtige Augen verwendet werden, konvexe für weitsichtige, indem man mittels Brechung, den Punkt, von dem die Strahlen ausgehen, heranholt oder im zweiten Fall wegschiebt. Die zwei Figuren Keplers finden sich auf der gleichen Seite, eine über der anderen, ohne jedoch eine Verbindung zwischen beiden anzudeuten.[3] Kepler äusserte die Vermutung, dass die Betrachtung seiner Figuren den Anstoß zur Erfindung des Teleskops durch den Belgier gegeben haben könnte.

Galilei zitiert im Saggiatore weder Kepler noch Porta, aber bei der Erklärung seines Vorgehens beim Bau seines Teleskops, hat er die Argumentation des letzteren ausgenutzt, womit umso wahrscheinlicher scheint, dass nicht seine Logik ihn dazu führte, die Kombination zweier konvexer Linsen zu probieren, die beide vergrößern und unscharf abbilden, die aber in einem astronomischen Teleskop verwendet werden.

Auch können wir Galilei bei der Erfindung des Teleskops nicht unbedingt zuschreiben, dass er es verbessert hat. Von der Erfindung bis zur Einführung des astronomischen Teleskops hat das Fernrohr keine Verbesserung erfahren. Sollte vorher das holländische Fernrohr verbessert worden sein, gibt es dafür keinen Beleg, der nicht auf der Verbesserung der Glasherstellung beruht. Galilei hat keine eigenen Linsen angefertigt, wie später Huygens und Campani; er kaufte sie in den Geschäften der Glasbläser. Er bezahlte die Gläser entsprechend der gewünschten Vergrößerung. Galilei hat, nach seinem eigenen ...


Fussnoten

  1. "Im holen Glase erscheinet alles gantz klein / aber deutlich. Im erhobenen / nah und groß / aber tunckel. Wenn man nun alle beyde recht zusammen setzen kan / so wird man beydes / als was in der Ferne / als was in der Nähe / grösser und heller sehen. Und also haben wir vielen guten Freunden / nicht geringe Hülffe gethan / welche beydes in die Ferne und in die Nähe gantz tunckel gesehen / daß sie hernach alles gantz klärlich sehen können."
    Nach der Erfindung des Fernrohrs durch Lipperhey, hat Porta dessen Wichtigkeit völlig verkannt und es als Lappalie abgetan (minchioneria [Unsinn], Berti l. c. [wie Fußnote 2, S. 112] p. 1791; M. Favaro, Opere di G. Galiléi, Vol. X, S. 252, schreibt coglionaria, was ziemlich dasselbe bedeutet).

    [Anmerkung des Bearbeiters] Das lateinische Originalzitat von Porta findet sich in der Ausgabe der Magia Naturalis von 1589, S. 269.
    Hier wurde die deutsche Übersetzung aus Nürnberg von 1680 zitiert, S. 736.
    Zum neu erfundenen Teleskop nahm Porta in einem Brief vom 28. August 1609 an Frederico Cesi Stellung. Welchen Begriff er gebraucht hat (minchioneria, coglionaria, castronaria, ...) ist umstritten, die Bedeutungen unterscheiden sich aber nur geringfügig.
  2. Vgl. Kepler, Johannes: Dissertatio cum nuncio sidereo. Prag: Daniel Sedesani 1610, S. 6f.
  3. Vgl. Kepler, Johannes: Ad Vitellionem Paralipomena, Quibus Astronomiae Pars Optica Traditvr. Frankfurt a.M.: Marnius & Aubrius 1604, S. 202.