Briefwechsel Johann Philipp Andreae


Kurzinformation zum Brief  
Autor Andreae, Johann Philipp (1699-1760)
Empfänger Seckendorff, Christoph Friedrich von (1679-1759)
Ort Nürnberg
Datum 1. August 1733
Signatur Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 108-110
Transkription Hans Gaab, Fürth

Reichs=freÿ HochWohlGeborner
Gnädiger Herr !

Euer Hochfreÿherrl: Excellenz werden von mir armen Verfolgten umb Gottes willen angeflehet, als Ein Gerechtigkeit liebender Regent der wahrheit zu Treue den Johann Paul Glück[1] in Schwabach beÿ dasigen Hochlöbl. Oberamt so bald als immer mögl: abhören lassen, und so dann seine Aussage an Einen HochEdlen Magistrat hereinsenden.

1.) Ob Er mir nicht vor länger als 3: Jahren eine Zeichnung, worauf die Pasquillantische Medaillie entworffen, samt einem Brieff gesandt, unter dem Nahmen Jean Paul Galatin, worinnen Er expresse gemeldet, diese dem Bernd machen zu lassen.

2.) Ob Er nicht sagen müsse, daß ich nicht das geringste darum gewussst, wer solche gezeichnet oder inventiert, auch biß dato noch nicht wisse, wer solches gethan.

3.) Ob Er mir nicht in einem verschlossenen Brieffe die Ordre geschrieben gesandt, daß sich dieses Päckl: so Er in den Gostenhoff durch seine alte Bottenfrau gesandt nach Leipzig spediern, und den Brieff abschreiben solle.

4.) Ob Er nicht selbsten sagen müsse, daß ich den La Rue[2] mein Lebtag nicht gesehen, noch weniger von seinem Nahmen etwas gewusst;

5.) Ob Er vor Gottes Gericht verantworten könne, daß Er bösl: weise durch den Trucker Guntzelmann[3] vorgeben lassen, ich hätte mich gerühmet, das Pasquille an das Rathhauß selbst angeschlagen zu haben

6.) Ob Er nicht die Noten von der getruckten Findelrechnung mit mir selbsten collationiert von der Kittlerischen[4] Handschrifft.

Euer Hochfreÿherrl: Excellenz wollen die hohe Gnade vor mich haben und wann Er allenfals leugnen solte, sich seiner Scripturen zu bemächtigen lassen, und solche durchsuchen, was von dergleichen Pasquillen da sind. Die Brieffe etc. ad inspeciendum Einem HochEdlen Magistrat hereinzusenden, damit

[Blatt 109]
meine Unschuld gerettet werde, und ich aus dem Verdacht kommen möge.

Der Informator Holzberger[5] welcher beÿ seiner Hochfreÿherrl: Excellenz Herrn Oberhoff Marschall Herr von Seckendoff[6] ist, dieser wird auch sagen müssen, daß ich im geringsten weiter keine nachricht gehabt, wäre also gut, wann auch dieser solches bekräfftigte.

Der Hochfürstl. Hauß Pfleger in Nördlingen Nahmens Hubert, wollen Euer Hochfreÿherrl: Excellenz aÿdl. attestieren lassen, daß Er vor 3: oder 3½ Jahren ohngefehr, als ich abends vorhero von Würtzburg und Bamberg zurückgekommen, deß andern tages frühe zu mir in meine bewohnung in der Kothgassen[7] gekommen und mir die affaire von denen Kauffleuthen samt dem angeschlagenen Pasquill erzehlet, dieses aus seinem schreibtäfel: heraußgelesen, mit Vermelden, Er hätte solches selbst abgeschrieben von wort zu wort, dieses attestatum ebenfals so bald immer mögl. hereinsenden zu lassen:

Für diese mir erweisende hohe Gnade werde ich taglebens verbunden bleiben, und jederzeit mit unterthänigsten Respect verharren

Euer Hochfreÿherl. Excellenz

unterthänigster Diener.

é Carcere den 1. Augl: 1733:

Johann Philipp Andreae
Mathematicus et Mechanicus.


Fußnoten

  1. Johann Paul Glück stammte aus Reichelsdorf. Im Verhör vom 19.10.1733 sagte Andreae über ihn, es "wäre eine bekannte Sache, daß dieser schon 4. Jahre mit dem Zollwesen, von denen hier abgehenden Kaufmanns Güthern, umgehe, auch lange Zeit alle Sonnabend hier gewesen seÿe und obacht gehabt habe, was von dergleichen abgeführet worden." In den Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calendern für 1747, 1748 und 1754 wird er als ist er als Zoll-Commissarius verzeichnet. Falckenstein verzeichnet ihn 1740 als Zoll-Inspector und 1756 als "Zoll-Commissarius von 4. Ober=Aemtern". Glücks Tochter Sybilla Helene kaufte 1764 um 6600 Gulden das Haus in der Königstraße 2 in Schwabach. Auch hier wurde der Vater als Zollkommmissar bezeichnet. Nach Schuhmann war er von 1765 bis 1770 Oberzollkommissar in Schwabach.
    Verhör Andreae, 19.10.1733, Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 239
    Dehm, Karl; Heckel, Gottlob: Häusergeschichte der Altstadt Schwabach. Schwabach 1970, S. 256
    Falckenstein, Johann Heinrich: Chronicon Svabacense. Schwabach: Johann Jacob Enderes 1740, S.28
    Falckenstein, Johann Heinrich: Chronicon Svabacense. Schwabach: Johann Jacob Enderes 1756, S.83
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1747, S. 55
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1748, S. 55
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1754, S. 62
    Petzold, Johann Wolfgang: Chronik der königlich bayerischen Stadt Schwabach. Schwabach: Theodor Mizler 1854, S. 139
    Schuhmann, Günther: Die Deliciae topogeographicae Noribergenses und ihre Verfasser. Jahrbuch für fränkische Landesgeschichte 19 (1959), S. 493.
  2. Zum dem in Schwabach lebenden französischen Handelsmann Jean Antoine de la Rue siehe das Historische Stadtlexikon Schwabach, S. 601.
  3. Johann Gunzelmann wurde am 31.07.1672 in St. Lorenz getauft: "Basilius Gunzelmann, Mußquetierer allhie. Sophia. Johann. Allmann, Schellenmacher, 31. [07.1672]", Taufen St. Lorenz 1668-1680, S. 78 (Scan 37). Am 21.01.1700 heiratete der Kupferdrucker Johann Guntzelmann Anna Steinhauser: "Der Ers. u. Kunstr. Joh. Guntzelmann Kupferdrucker, deß Ers. Basilius Guntzelmann [?] Gesellen S.N.E.S., J. Anna, deß Ers. Joh. Steinhauser, Hefftleinm. E. T. [...] d. 21. Jan [1700]", Trauungen St. Sebald 1692-1727, S. 170 (Scan 88), Eintrag 9.
  4. Johann Georg Kittler schrieb sich 1706 an der Universität in Altdorf ein. 1732 war er Prokurator am Nürnberger Untergericht. Im Verhör von Andreae vom 3. Juli 1733 wurde Kittler als Prokurator bezeichnet, Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-3, Bl. 200. Kittler wurde am 30.03.1733 bestattet, Bestattungen St. Sebald 1732-1740, S. 61 (Scan 49), Nr. 65.
  5. Johann Holzberger (1700-?) war am 28.06.1700 im badischen Meißenheim als Sohn des Pfarrers Johann Georg Holzberger und seiner Frau Maria Salome geboren worden. Er studierte Theologie und wurde am 07.05.1734 in Ansbach ordiniert. 1734 war er Adjunkt in Sulzbach, 1735 Pfarrer im zwischen Crailsheim und Feuchtwangen gelegenen Mariäkappel. Holzberger heiratet am 24.01.1736 die Tochter eines Zollkommissärs in Schwabach , 1741 musste er wegen Ehebruchs von seiner Stelle fliehen.
    Meißenheim Mischbuch 1670-1705 (Scan 22).
    Simon, Matthias: Ansbachisches Pfarrerbuch. Nürnberg 1957, S. 211, Eintrag 1283 (Das hier angegebene Geburtsdatum ist das seines zwei Jahre älteren Bruders Johann Andreas Holzberger).
  6. Möglicherweise der kaiserliche Feldmarschall Friedrich Heinrich von Seckendorff (1673-1763).
  7. Die Kotgasse ist die heutige Brunnengasse.