Briefwechsel Johann Philipp Andreae


Kurzinformation zum Brief  
Autor Johann Philipp Andreae (1699-1760)
Empfänger Grundherr, Carl Sigmund Ferdinand (1694-1763)
Ort Nürnberg
Datum 24. November 1733
Signatur Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 354-355
Transkription Hans Gaab, Fürth

WohlGebohrner, Gnädiger Herr !

Es laufft ein Tag und eine Wochen nach der andern hin, ich bin bereits 25. Wochen hart genug gestrafft, und wird ein jeder ChristenMensch sagen müßen, daß es genug seÿe, will dann Ein HochEdler Magistrat so gar unbarmhertzig mit uns umbgehen, Weib und Kind an den Bettelstab bringen, da man doch in überfluß Straffe gehabt, so wohl an Leib als an Gütern; Euer Gnaden wollen doch von der Güte seÿn, und nur einmahl sagen, zu welchem Richter man sich wenden muß daß man daselbsten bitten kan, die ältern Herrn weißen es zu den 2: Hl: Schöpfen, diese Herrn Schöpfen hingegen wider zu denen Herrn ältern, mithin werden die Bittende von Pontio zu Pilato gewiesen, welches doch gleichwohlen jämmerlich anzuhören ist, wann die Partheÿ ihren Richter nicht wißen solle, sich nicht defendieren dörffen, und doch angeklagt seÿn, solte man hier nicht sagen, daß das Sprichwort erfüllet werden Jus vi obenitur[1]. Gewißl: wann einer einen rücken hätte, so hart als eine Schildkrotte, es solte einen die unerhörte schwehre last eintrücken; Wann dann Ein HochEdler Magistrat nicht selbsten urtheilen will in dieser Sache, so erlaube man einen Advocaten, der meine Defension thue, damit ich von denen nichtigen Anklagen gerettet werde; wegen gehabter Commission der Medaillie und andern Dinge habe ich nunmehro genug ja genug Straffe gehabt, bitte dahero um meine Erledigung, oder umb Defension, welche von den ältesten Zeiten her einem jeden in dergleichen Sachen erlaubt ist, wie wir es dann schon in dem Neuen Testament gar schön lesen, Apost. 25. v. 16: Es ist der Römer weise nicht, daß ein Mensch ergeben werde umb zu bringen ehe dem der Verklagte habe seine Kläger gegenwärtig und raum empfahe sich der Anklage zu verantworten. Warum aber ich und der Stecher da so lang gekerckert werden, wird kein Mensch begreiffen können, weilen der Trucker nur 5: Wochen 4. Tag geseßen, der Stecher und Trucker sollen nach allen Umständen in gleicher Straffe seÿn und härter als ich angesehen werden. Wann mir meine gerechte Defension erlaubt ist, so will ich zeigen, daß ich nicht derjenige bin, wovor man mich hält, fehlen ist menschlich, aber wo man nur nicht darinnen verharret; Euer Wohlgebohrn und Gnaden geben mir meine Rechte zu erkennen, weilen es anjetzo genug ist gestrafft, welches eine jede Christl: Obrigkeit, und wohl fundiertes Recht erkennen wird, Es ist ja diese Sache von keiner solchen schärffe, daß man weit entlegene Zeugschafft müste abhören laßen, und werden Criminal und Malefiz Händel in dieser langen Zeit außgemacht, warum solten nicht Hhl: HochGelehrte Sachen befördern, so hiesige Bürger antreffen; Anjetzo so es außgemacht wird, hat Ein HochElder Magistrat Ehre und Ruhm, welches ich gewiß versichere, wird es aber länger aufgeschoben, so haben Sie Bettelleuthe, wovor Sie keine Ehre erhalten werden. Ich werde inmittelst in Erwartung eines einmahligen Schlußes mit allem Respect und Gehorsam verbl:

Wohlgebohrner Gnädiger Herr

é Carcere diutissimo[2] den 24. Novembris.
1733.

Dero
Gehorsamster
Johann Philipp Andreae
Mathematicus


Fußnoten

  1. Jus vi obenitur: Das Recht wird mit Gewalt erlangt.
  2. diutissimo: lange Zeit.