Galilei und Marius


zurück zur Seite 3zur Hauptseiteweiter zur Seite 5


Humboldt äußert sich in seinem Kosmos, Band II. S. 356f.,[1] wie folgt: "Die Monde des Jupiter, die ersten aller durch das Fernrohr aufgefundenen Nebenplaneten, wurden, wie es scheint, fast zugleich, und ganz unabhängigerweise, am 29 December 1609 von Simon Marius zu Ansbach und am 7 Januar 1610 von Galilei zu Padua entdeckt. In der Publication dieser Entdeckung kam Galilei durch den Nuncius Sidereus (1610) dem Mundus Jovialis (1614) des Simon Marius zuvor."

Humboldt hat den Unterschied der Kalender nicht bemerkt: Der julianische Kalender wurde von Marius verwendet, der gregorianische von Galilei; nur wenn man diesen Unterschied nicht berücksichtigt, scheint Marius einen Vorsprung von 9 Tagen gehabt zu haben, dem hier allerdings keine große Bedeutung beigemessen wird. Letztendlich zweifelt Humboldt nicht an der Wahrhaftigkeit der Schilderung von Marius.

R. Wolf sagt in seiner Geschichte der Astronomie, S. 401f.[2]: "[Marius] ließ seine betreffende Hauptschrift, den "Mundus jovialis", sogar erst 1614 erscheinen - und so kam es, wenn auch kein Grund vorliegt an der Wahrheit seiner Erzählung zu zweifeln, daß man höchstens das Plagiat von ihm abwenden, keineswegs aber die Priorität für ihn beanspruchen kann."

Was uns aber beschäftigt, lässt sich nicht mit der Autorität noch so berühmter Gelehrter entscheiden. Zudem diskutieren wir nicht die Priorität der Entdeckung, die uns nicht besonders verdienstvoll zu sein scheint, da angesichts der Entdeckung des Fernrohrs, fast notwendigerweise ein Beobachter sein Fernrohr auf den Jupiter richten musste. Die im Wettbewerb gestellte Frage war vielmehr, ob Marius ein Plagiator ist, und ob Galilei ihm dies zu Recht vorwerfen kann.

 
 

II. Zum Stand der Astronomie im Jahr 1609.

Bevor wir an die Untersuchung dieser Frage herangehen, werfen wir einen Blick auf den Zustand der Astronomie in der Zeit vor den ersten Entdeckungen mit Hilfe des Fernrohrs von Lipperhey.

Tycho Brahe hatte zwanzig Jahre lang von der Uranibourg aus die Sterne und Planeten beobachtet. Nachdem er von seiner Insel Hven verbannt wurde, starb er am 24. Oktober 1601 in Prag. Wilhelm IV. von Hessen, der fast gleichzeitig astronomische Beobachtungen durchgeführt hatte, war ihm 1592 ins Grab voraus gegangen. Rothmann und Bürgi, seine Gehilfen, hatten die Astronomie aufgegeben.[3]


Fussnoten

  1. [Anmerkung des Bearbeiters]: Bei Oudemans und Bosscha wird im Original auf die S. 337 verwiesen, was hier korrigiert wurde. Im Übrigen verweisen beide bereits auf S. 8 auf "Humboldt's Kosmos II, S. 357".
  2. [Anmerkung des Bearbeiters]: Hier hat sich bei Oudemans und Bosscha ein Zahlendreher eingeschlichen, da sie S. 410 statt korrekt S. 401f. als Quelle dieses Zitates angeben.
  3. [Anmerkung des Bearbeiters]: Diese Aussage ist so nicht ganz haltbar: Christoph Rothmann (1550/60-um 1600) hatte tatsächlich die Astronomie aufgegeben, aus dem schlichten Grund, dass er um 1600 gestorben ist. Jost Bürgi (1552-1632) aber arbeitete damals am Kaiserhof zu Prag, wobei er hier insgesamt acht Jahre mit Kepler zusammen arbeitete.