Galilei und Marius


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Verwundert darüber, dass wir die Berechtigung des vernichtenden Urteils von Galilei gegen Marius bestreiten, womit - nach dem Zeugnis aus der Korrespondenz von Huygens,[1] - der Deutsche wie ein typischen Plagiator aussah, wollte der gelehrte Herausgeber der Werke von Galilei die Argumente veröffentlicht sehen, die zu einem solch unerwarteten Urteil geführt haben. Er war der Meinung, dass dies für die Autoren des Schiedspruchs eine große Herausforderung sein muss.

Der Wunsch, der Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen, beseelt Herrn Favoro wie uns gleichermaßen, weswegen wir seine Aufforderung gerne aufgreifen.

Herr Favaro versprach sich bei einer Abhandlung von 235 Seiten wichtige Ergebnisse, die das Gedenken an Marius belasten. Er hoffte "zu sehen, dass eine Arbeit ans Licht käme, die ihrem Umfang nach zu schließen, sich sehr ausführlich mit der Frage beschäftigt haben muss. Zudem sollten die Gründe offengelegt werden, aus denen heraus die Berichterstatter eine Meinung vertreten, die in völligem Widerspruch zu allem steht, was bislang für richtig gehalten wurde."

Wir müssen dem Autor des Briefes die Erfüllung des ersten seiner beiden Wünsche abschlagen. Aber es war kein hartes Geschäft den zweiten Wunsch zu erfüllen. Unser Hauptargument ist das Fehlen jeglichen Beweises des dem Simon Marius zugeschriebenen Delikts. Um die neuen Studien, die wir nach Favaro begannen, zu einem Abschluss zu bringen, mussten wir uns lediglich den Möglichkeiten der modernen Astronomie bedienen.

Auch müssen wir die Ehre zurückweisen, als Erste zu völlig neuen Schlussfolgerungen gekommen zu sein, die der allgemeinen Meinung konträr entgegenstehen. Tatsächlich gibt es zahlreiche Ausnahmen von dieser Regel, und darunter gibt es einige wichtige.

Favaro selbst zitiert die Abhandlung von Herrn Julius Meyer[2], der derzeit Vorsitzender am Ansbacher Gericht ist. Diese war uns unbekannt, der Autor war aber so hilfsbereit, sie uns auf unser Begehren hin zuzusenden. Entgegen den Aussagen von Favaro[3] gibt Herr Meyer an, weder aus der gleichen Stadt wie Marius zu stammen noch mit ihm verwandt zu sein. In seiner Abhandlung gesteht er zu, dass einige Autoren Galilei für den Entdecker der Jupitermonde halten, zitiert aber zwanzig andere,[4] die die Entdeckung Marius zuschreiben. Es stimmt, dass diese nicht alle erstklassige Autoritäten sind und dass wir als erstes die Lexikographen ausschließen können, ...


Fussnoten

  1. [Anmerkung des Bearbeiters]: Am 14. Mai 1659 schrieb Huygens an Ismael Boulliau: "Aber schließlich, mein Herr, wenn ich die Meinung, die der Prinz zu haben scheint, annehmen würde, würde ich mir die Erfindung von anderen zuschreiben und wie Simon Marius aussehen." [Mais enfin Monsieur que faut il faire pour oster a ce Prince l'opinion qu'il semble avoir concue de moy comme si je m'attribuois l'invention d'autruy et que je ressemblois à ce Simon Marius.] (Brief von Huygens an Bulliau vom 14. Mai 1659, Oeuvres complètes de Christiaan Huygens. Band 2: Correspondance 1657-1659. Den Haag: Martinus Nijhof 1889, S. 405f. hier S. 406. Klug datiert in seiner Abhandlung (S. 429) dieser Brief fälschlicherweise auf 1673).
  2. [Anmerkung des Bearbeiters]: Julius Meyer (1835-1913) war Jurist und Lokalhistoriker.
  3. [Anmerkung des Bearbeiters]: In seinem Aufsatz in der Bibliotheca Mathematica, S. 222 hatte Favaro Julis Meyer als Mitbürger und Verwandten von Simon Marius bezeichnet ("Julius Mayer [...] concittadino e fors' anco affine del Mayr").
  4. [Anmerkung des Bearbeiters]: Oudemans und Bosscha beziehen sich auf den folgenden Aufsatz von Julius Meyer:
    Osiander und Marius. Jahresbericht des historischen Vereins für Mittelfranken, 44 (1892), Ansbach 1892, S. 51-71.
    Darin schreibt er auf S. 68, dass sich "Autoritäten wie Rost, Buddeus, Wiedeburg, Winkler, Walsch, Wolff, Posch, Rentsch, Köhler, Oertel, Weidler, Gräfenhahn, Stedler, dann die Gelehrtenlexica von Iselin, Mencke, Jöcher, Zedler, Doppelmayr, wie die Erlanger gelehrten Anerkennungen und Nachrichten [lies: Erlangische gelehrte Anmerkungen und Nachrichten] vom Jahr 1775 entscheiden sich für die Priorität der Entdeckung durch Marius."
    Mit Ausnahme der bislang nicht identifizierten Arbeit Posch sind diese Arbeiten über das Marius-Portal einsehbar (statt Köhler lies: Cöer).
    Der Beitrag in den Erlangischen Anmerkungen besteht in einer Besprechung der Arbeit von Oertel. Meyer führt im Folgenden noch zwei, hier nicht aufgeführte Schriften näher an, so dass er tatsächlich auf zwanzig Autoren kommt.